Wir müssen uns erinnern!

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Wir müssen uns erinnern!

Mit der Gedenkveranstaltung am 09. November 2022 um 12.00 Uhr vor dem Israelladen erinnerten die Evangelische Brüdergemeinde Korntal und die Akademie für Weltmission an die Verbrechen an Juden vor 84 Jahren, die auch heute nicht ungehört bleiben dürfen.

„Kauft nicht bei Juden!“ So lautete die unsägliche Losung der Nationalsozialisten im Jahr 1938, die in der Folge alle Juden ausgrenzte. Ihre Vorbereitungen zu deren systematischen Vernichtung waren längst angelaufen. Das Attentat auf den Legationsrat der deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath, und sein Tod am 9. November 1938 kamen Goebbels sehr gelegen. Er hielt an diesem Tag anlässlich der Gedenkfeier zum gescheiterten Hitler-Putsch von 1923 eine Hetzrede in München. Die anwesenden Parteifunktionäre stürzten anschließend an die Telefone. Ihre Befehle brachten die Reichspogromnacht in Gang. Darauf zogen SA- und SS-Leute, oft in Zivil, durch deutsche Städte, verwüsteten jüdische Geschäfte und setzten viele Synagogen in Brand. Ihre Wüterei wurde als „Volkszorn“ dargestellt. Zahllose Juden wurden grundlos gefangen genommen und viele gleich umgebracht. Die furchtbaren Verbrechen an den Juden verpflichten uns in der Gegenwart zu bleibender Erinnerung.

Rund hundert Teilnehmer trafen sich  zum fünften Mal zu einer Gedenkfeier. Diese Tradition wurde anlässlich des 80. Gedenktages 2018 begründet. Die Veranstaltung begann mit Glockengeläut vom Türmle, es folgten ergreifende Beiträge vom Schicksal der Juden im III. Reich. Roy Barack sprach das Kaddisch auf Hebräisch und so auch den aaronitischen Segen

Sehen Sie einen kurzen Bericht des Süddeutschen Rundfunks unter https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/sendung-1700-uhr-vom-9112022-100.html ab Minute 1:55

Aktion: Stolpersteine in Korntal

In Korntal gibt es neun Stolpersteine. Sie erinnern an jüdische Mitbürger in unserer Stadt. Seit Jahren liegen sie schon im Straßenpflaster und sind inzwischen mehr grau als blank. In der Brüdergemeinde entstand die Idee, sie zu putzen und ihnen wieder ihren ursprünglichen Glanz zu verleihen. Eine Konfirmandengruppe der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal griff die Idee auf und initiierte eine kleine Putzgruppe. Bereits der erste Versuch beim Stolperstein direkt gegenüber vom Israelladen war sichtbar von Erfolg gekrönt.

In Korntal erinnern wir an: Elisabeth Waidelich, Gerhard Jacobi, Gottlieb Hille, Gottlob Chr. Traub, Immanuel Röder, Kurt Jacobi, Paula Köhler, Theodor Kempf, Therese Alt.

Zum Gedenken an die Pogrome am 9. November 1938

Der 9. November 1938 war ein schrecklicher Tag deutscher Geschichte. Synagogen wurden angezündet, jüdische Geschäfte zerstört, Menschen verfolgt, weil sie jüdischer Abstammung waren. Die Bevölkerung schwieg zu diesem unsäglichen Unrecht. Auch die Kirchen, Pfarrer und Theologen trauten sich nicht, gegen dieses Unrecht aufzubegehren. Woran lag das? Es lag an einer falschen Theologie. Man meinte

  • die Juden stünden unter dem Fluch Gottes. Ihr Ungehorsam Gott gegenüber sei die Ursache für ihre Verfolgung. Sie seien auch schuld an der Kreuzigung Jesu. Deswegen sei die Verfolgung gerechtfertigt. (Fluch- und Verwerfungstheologie)

  • zudem hätten die Juden ihre göttliche Auserwählung verspielt. Ihre Auserwählung sei ganz auf die Kirchen übergegangen (Ersatztheologie)

  • als Christen müsse man der Obrigkeit gehorchen. So steht es im Römerbrief 13. Deswegen dürfe man sich den staatlichen Anordnungen gegenüber den Juden nicht widersetzen. (Obrigkeitsgehorsam)

Der 9. November 1938 mahnt uns umzudenken: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ Apg 4,28

Ich möchte an das jüdische Ehepaar Ines und Max Krakauer erinnern:

1943, als schon viele Juden von den Nazis in die KZ und Vernichtungslager verschleppt wurden, entschieden sie sich unterzutauchen. Das ging aber nur für eine kurze Zeit. Später waren die Krakauers dann hier in Württemberg und suchten Unterkunft.

Es entstand eine Pfarrhauskette von Pfarrerfamilien, die bereit waren, Juden aufzunehmen Das war für sie sehr gefährlich. Es war strengstens verboten, Juden aufzunehmen. Doch es gab Pfarrerfamilien, die bereit waren, dies zu riskieren und sich gegen die nationalsozialistischen Anordnungen zu stellen und dieses jüdische Ehepaar aufzunehmen

Auch der Korntaler Pfarrer Hermann Maurer und seine Ehefrau waren bereit Max Krakauer aufzunhemen, trotz der Gefahr selber ins KZ zu kommen. Max Krakauer (die Ehefrau war an anderer Stelle untergebracht) erhielt vom 11. Nov. bis 11. Dez. 1943 Unterschlupf vor den Nazihäschern hier in Korntal.

Ich möchte an diesem Gedenktag an dieses mutige Vorbild von Hermann Maurer und seiner Ehefrau erinnern

Sie waren bereit Juden Unterschlupf zu geben, obwohl das strengstens verboten war. Das Andenken an das Ehepaar Maurer mahnt uns, dem Antisemitismus zu widerstehen und dort Mut zu zeigen, wo Unrecht geschieht.

Elmar Spohn, A.W.M. Korntal

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